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FRIEDEMANN GRIESHABER
Wolkenheim - Skulptur und Zeichnung


5.6. - 25.7.2009 / Galerie ARTAe Leipzig


zur Ausstellung

Eröffnung am Freitag, 5. Juni von 18 – 21 Uhr

Einführung um 19 Uhr: Dorothea Ullrich
Volontärin am Museum der Bildenden Künste Leipzig

Mit freundlicher Unterstützung der Spedition Gilles & Wagner und
der Rosenbrauerei Pößneck.



       

links: Wolkenheim, 2006, Betonunikatguss, 31 x 30 x 30 cm
mitte: Trägerin, 2005, Betonunikatguss, 136 x 22 x 22 cm
rechts: Grauer Torso, 2000, Betonunikatguss, 117 x 37 x 13 cm



Friedemann Grieshaber - Wolkenheim

Friedemann Grieshaber (*1968 in Ravensburg) zeigt mit "Wolkenheim", in der Galerie
Artae erstmals eine monographische Ausstellung in Leipzig. Grieshaber arbeitet haupt-
sächlich skulptural mit den Materialien Beton und Bronze. Aber auch Zeichnungen, die
einen weiteren Teil seiner Arbeit ausmachen, werden in der Ausstellung zu sehen sein.
Merkmale seiner Arbeiten sind Zurückhaltung und Reduktion im Bezug auf Material
und Farbe, der Komplexität und Vielschichtigkeit hinsichtlich seiner Konzeption
sowie den Wahrnehmungsmöglichkeiten, die seine Arbeiten erschließen, gegenüber-
stehen.

Beschreiben lässt sich dies am Besten an einem Beispiel. Grauer Torso (2000) ist
eine monolithische Figur, die auf den ersten Blick in der Tradition minimalistischer
oder auch kubistischer Skulpturensprache stehen könnte, was für viele von Gries-
habers Arbeiten zutrifft. Die Figur ist aus roh gegossenem Beton und erinnert an
Treppenstufen, die senkrecht nach oben führen. Doch sind es wirklich Treppen-
stufen? Wenn ja, wo führen sie hin? In das angekündigte Wolkenheim? Der Titel
der Figur eröffnet andere Assoziationen. Und tatsächlich kann der an klassischen
Figuren geschulte Blick Parallelen, zumindest Verwandtschaften zu einem nach dem
menschlichen Körper gebildeten Torso feststellen: Mit der Schwere, der schein-
baren Bewegtheit, dem Spiel von Kräften und Balance sowie der trotz des "kalten"
Materials warm und lebendig erscheinenden Oberfläche werden hier Formen erkennbar,
die auch für klassische Beispiele dieses Skulpturengenres gelten. Den Torso von
Friedemann Grieshaber als Körper, sowohl im physischen als auch im physikalischen
Sinn, zu bezeichnen, erscheint nicht weit hergeholt. Dass ein solcher Körper stets
in Bezug zum Raum tritt, erscheint als Teil eines Gesetzes. Dieses Gesetz macht
sich auch Friedemann Grieshaber zueigen. Die Beziehung zwischen Körper und Raum
spielt in seinen Arbeiten eine wesentliche Rolle. Genau wird darauf geachtet, wie
die Figuren für den Blick des Betrachters positioniert sind, einzeln, aber auch
im Zusammenspiel, wenn mehrere seiner Figuren zu einem Szenario wie dem in dieser
Ausstellung zusammen kommen.

Doch zurück zu zwei Begriffen, die weiter oben fielen: Treppe und Heim. Beide Begriffe
verweisen auf Architekturen. Auch das Verhältnis von Architektur und Skulptur ist eines,
das sich als Thema durch Friedemann Grieshabers Arbeit hindurchzieht. Deutlich wird
dies in Arbeiten wie Wolkenheim (2006), die der Ausstellung den Titel verleiht, oder
Gedrücktes Haus (2000), aber auch auf assoziativer und fragmentarischer Ebene wie z.B.
im Grauen Torso. Die Auseinandersetzung mit Architektur, speziell antiker, archaischer
und romanischer Architektur, begann bei ihm bereits früh. Und Grieshaber reiste nach
dem Abschluß seiner Steinmetzlehre durch Israel und Ägypten, was ihn nachhaltig prägte.
Gerade Bauformen wie die einfacher Lehmhütten oder auch der Pyramiden spiegeln sich
in seinen in ihrer Formsprache eher an archaische als an moderne Architekturen
erinnernden Arbeiten wieder.

Mit dem Titel "Wolkenheim" - sowohl im Bezug auf die einzelne Arbeit als auch auf
die gesamte Ausstellung - eröffnet sich eine weitere, in diesem Fall sinnliche und
poetische Ebene, die neben der konzeptuellen ein weiteres Merkmal von Grieshabers
Arbeiten darstellt. Sinnlichkeit gelingt ihm im Wesentlichen über seinen Umgang
mit dem Material, dem Verhältnis von Massen und Proportionen und der Balance, die
er zwischen Innen und Außen, Haut und Kern, Hinzufügen und Wegnehmen stets findet.
Doch was nun ist das Wolkenheim? In der Skulptur sehen wir ein Haus, das zwischen
Wolken steht, die, wenn auch aus Beton gegossen, keinen Eindruck von Schwere ver-
mitteln. Im Gegenteil, der Titel lässt an Begriffe wie Leichtigkeit und Flüchtigkeit
der Form denken, eben an Häuser, die irgendwo im Himmel schweben. Friedemann
Grieshabers Figuren mit ihrer scheinbaren oder auch tatsächlichen Schwere scheinen
in ein solches Szenario auf den ersten Blick nicht hineinpassen zu wollen – oder doch?
Wo kann man sich die »Häuser« und auch die Anderen Figuren von Griehaber hindenken?
In welchen Zusammenhängen könnten wir sie verstehen? Weisen seine Figuren nicht
oftmals in die Höhe wie z.B. die »Treppenstufen«, die eigentlich ein Torso sind, oder
auch seine schlanken Stelen, die auch als Außenarbeiten gezeigt werden? Und geht mit
dem Eindruck der Schwere nicht auch ein Eindruck Leichtigkeit oder Bewegung einher
wie beim Gedrückten Haus, dessen Kanten vor- und zurückzuspringen scheinen? Wie
verhält es sich überhaupt mit den Kanten, sind sie fixierte Linien im Raum (und
stellen damit einen Bezug zur Zeichnung her) oder erscheinen sie nicht eher als
eingefangene Bewegung? Fragen dieser Art sind es, die die Vielschichtigkeit in
Grieshabers Werk beschreiben können und die Phantasie des Betrachters anregen.

Die Eröffnung findet am 5. Juni 2009 von 18 Uhr bis 21 Uhr in der Galerie Artae,
Gohliser Str. 3, statt

Text: Dorothea Ullrich
Volontärin am Museum der Bildenden Künste Leipzig




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