objekt razrabotki*

Claudia Hauptmann – Michiel Frielink

Malerei

12. November 2021 bis 30. Januar 2022

verlängert bis zum 19. Februar 2022!

Samstag, 05. Februar 2022 von 14 bis 20 Uhr ist langer objekt razrabotki-Nachmittag mit beiden Künstlern! Um Anmeldung wird gebeten.

*eine gründlich zu untersuchende Sache oder Person. Inspiriert durch das Buch „Doppelte Spur“ von Ilija Trojanow.

Deutsche Malerin trifft holländischen Maler. Beide Künstler verbindet nicht nur die figürliche und erzählerische Malerei, im Sinne der Leipziger Schule, sondern ganz besonders auch das Geheimnis der Maltechnik mit Eitempera deren alchemistische Kennerschaft beide exzellent beherrschen. Hauptmann und Frielink stehen in der Tradition der Renaissance Malerei, loten immer wieder aus, was aus der Kunstgeschichte in unsere digitalisierte, pandemische und sehr bewegte Gesellschaft übertragen werden kann. Beide adaptieren Inhalte und Bedeutungen von Hinweisen und Symbolen aus den wichtigen Epochen der Kunstgeschichte und verbinden diese mit unseren aktuellen Themen auf eine ganz subtile, geheimnisvolle und vor allem intelligente Weise.

Michiel Frielink formuliert ein klares aber auch verunsicherndes Statement zur aktuellen Geschlechterdiskussion in seinem Bild „Die Rache“. Die männliche Figur im Zentrum des Bildes liegt nackt und hilflos auf dem Boden, erinnert an diverse Christusdarstellungen. Zwei Frauen stehen neben bzw. hinter ihm, wobei eine der beiden eine scharfe Klinge in der Hand hält. Ist das die Rache der Frauen an dem Jahrhunderte alten Patriarchat? Ist es das wo die Frauen hinwollen, dass der weiße Mann hilflos am Boden liegt oder sollte man nicht wieder sich auf Augenhöhe begegnen, ohne einen ständigen Kampf zu liefern oder sich zu bedrohen? Der 1979 in Enschede geborene Maler zeigt in diesem Bild sein Unbehagen gegenüber der aktuellen Genderdebatte. Als junger Vater, der zu der Generation gehört, die sich zunehmend selbstverständlich und liebevoll um die Kinder kümmert, im Haushalt mithilft, sich mit der Partnerin auf Augenhöhe sieht und eben gar nicht in das typische Bild eines Patriarchen passt, wundert er sich über die Aggression und Polarisierung, die zuweilen in dieser Diskussion herrscht. Auch die vereinfachende und ideologische Haltung, dass Frauen immer gut sind und Männer gefährlich, wird in „Die Rache“ in Frage gestellt.

Mit den aktuellen Portraits aus Mülltüten, Dosen, Plastikbesteck und weiterem menschlich produziertem Unrat nimmt Claudia Hauptmann das Sujet des surrealen Portraits des Manieristen Archimboldo auf, zeigt eine gewagte Gratwanderung zwischen Ekel und Faszination, die immer in der Sinnlichkeit und Ästhetik mündet. Auch die fünf Bilder des Menüs von Breughel sind nicht ausschließlich „lecker“. Monströse Figuren, Tierchen, Schmetterlinge, Müll, Kabel und Masken lassen sich in „Kabelsalat“, „Pieter Pott“, „Beast Burger“, „Tagesfang“ und „Süsser Schluß“ finden und faszinieren durch die Ambivalenz der abschreckenden Anziehungskraft, dem bitteren Humor, der scharfen Kritik und der wunderbaren Malerei.

Als im Frühjahr 2020 zur Vorsicht vor Ansteckung noch Plastikhandschuhe beim Einkaufen getragen wurden, malte die 1966 in Eisenach geborene Künstlerin Dürers betende Hände mit sanften violetten und türkis farbenen Handschuhen. Hauptmann ist hier mal wieder ein genialer Sprung aus der Kunstgeschichte in die heutige Zeit mit Bezug zum Alltag gelungen. Ähnlich mehrdeutig und treffsicher verarbeitet die Künstlerin in den Arbeiten „Verhängnis“ und „Am Strand“ die Veränderungen und Erscheinungen im Mit- und Gegeneinander während der letzten Monate und Jahre der Corona- Pandemie und den daraus folgenden, durchaus diskussionswürdigen Maßnahmen. Hauptmann schuf hier verstörende und zugleich berührende Bilder, die einmal mehr das aktuelle Geschehen in unserer Gesellschaft festhalten und reflektieren.

Es freut uns riesig die aktuellen Bilder dieser beiden Künstler in der Ausstellung „objekt razrabotki“ zu zeigen, die kaum unterschiedlicher in Herkunft und Ausbildung sein könnten, und doch das selbe Ziel verfolgen: starke aussagekräftige Bilder in klassischer Manier zu erfinden, welche die Betrachter berühren und im besten Fall zum Nachdenken, Schmunzeln und Genießen anregen.

Uns ist sehr bewusst, dass die gesellschaftliche Diskussion um die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona- Virus zunehmend aufgeheizt und polarisierend geführt wird. Wir bitten daher alle Freunde und Interessierte unserer Arbeit und der ARTAe Galerie unsere Position und unseren Umgang mit den Bestimmungen des Landes Sachsen zu akzeptieren und in der Diskussion untereinander Maß zu halten. Bleibt souverän und frei. Vielen Dank!

Wir freuen uns auf Euren Besuch!

Herzliche Grüße vom Team der Galerie, Marian und Sabine Elsner

Mehr Bilder und Infos zu Claudia Hauptmann

Öffnungszeiten: Do – Sa 15 – 19 Uhr und nach Vereinbarung (info@artae.de oder 0160 – 9111 8817)

Galerie ARTAe, Gohliser Str. 3, 1. OG, 04105 Leipzig

Artikel in der LVZ am 03.12.2021 unter Kultur

Abbildung oben: Michiel Frielink, Die Rache, 2020, Öl und Eitempera auf Leinwand, 200 x 280 cm.